Praktische Vorschläge – Gegen Hitlers Lieblingsbildhauer Josef Thorak in Salzburg

Junge Welt, August 2016

Zugegeben, in einer Hitler-Straße oder in einem Goebbels-Weg wohnt niemand mehr, auch nicht in Österreich. Bei weniger bekannten Nazis verhält es sich häufig anders. In Salzburg gibt es beispielsweise die Dr.-Julius-Sylvester-Straße, mit der ein glühender Antisemit geehrt wird: Sylvester war der Vorsitzende des Germanen- und Kyffhäuser-Bundes. Bis vor kurzem war auch ein Preis für »Volkskultur« nach dem Musiker Tobi Reiser benannt, der zur NSDAP gehörte und die »Volkskultur« von Juden säubern wollte. Verliehen wurde der Reiser-Preis vom Verein der Freunde des Salzburger Adventsingens.
Auch Josef Thorak, Hitlers Lieblingsbildhauer, hat eine Straße in Salzburg – seit 1963. Die Stadt ehrt ihn darüber hinaus mit zwei seiner Plastiken. Thoraks Statuen »Paracelsus« und »Kopernikus« stehen unkommentiert im Kurgarten. Nazikunst mitten im Zentrum Salzburgs, neben dem berühmten Mirabellgarten und einem Kinderspielplatz – in jüngster Zeit machten künstlerische Interventionen auf diesen Umstand aufmerksam. So stellte der Bildhauer Bernhard Gwiggner im Mai dem »Paracelsus« eine kubistische Plastik in gleicher Pose entgegen und verweilte mehrere Tage vor Ort, um über Thorak aufzuklären. Ein Buch mit Texten von ihm und zwei Historikerinnen folgte. Auch der KZ-Verband/Verband der Antifaschisten forderte mehrfach, dass man insbesondere die Thorak-Straße umbenennen müsse. Namen von Widerstandskämpfern würden sich anbieten. Die Stadt Salzburg gibt sich zurückhaltend und verweist auf eine Historikerkommission, welche darüber zu entscheiden habe, ob eine Umbenennung empfehlenswert sei oder ob die Straße mit einem Erklärungsschild versehen werden solle.
Der für seine politischen Aktionen bekannte Wolfram P. Kastner (auf dem Foto rechts) machte nun Hitlers Liebling zum Thema einer neuen Arbeit. Gemeinsam mit dem Bildhauer Daniel Toporis (links) besuchte er am vergangenen Mittwoch die Thorak-Straße und unterbreitete praktische Vorschläge zur Namensänderung. Mit blauem Klebeband wurden einzelne Buchstaben abgedeckt, um beispielsweise die »Thora-Straße« zu schaffen. Thoraks Plastiken nannten die beiden »Kitschmonumente« und versahen sie mit Zusatztafeln. Zu lesen ist auf ihnen in typisch altdeutscher Schrift: »Nazibildhauer Thorak«.
Denn man muss das einmal so betrachten: Allein wer die Postanschrift Thorakstraße benutzt, »verbreitet den Namen Thorak unkommentiert Hunderttausende Male«, sagt Kastner. »Es kann doch nicht sein, dass eine Historikerkommission Jahre braucht, um sich mit einem so offensichtlichen Fall zu beschäftigen, und dass der Ausgang dieser Untersuchung noch offen ist.«